„Aufwand, der über übliche Verwalteraufgaben hinausgeht, muss auch gesondert entlohnt sein“
Interview mit Dr. Jan-Marco Luczak
Der wohn- und baupolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion über Geburtsfehler des Heizungsgesetzes, Förderbedingungen, die an der Lebensrealität vorbeigehen, und Leerstellen in der Liste der Versprechen der Ampelkoalition.
BVI-Magazin: Herr Dr. Luczak, vor einem Jahr haben wir Sie unter anderem zur stockenden Förderung der energetischen Sanierung und zur Modernisierung des Gebäudebestands gefragt. Nun ist das neue Gebäudeenergiegesetz („Heizungsgesetz“) im Bundestag beschlossen worden und einiges gerät in Bewegung. Wie schätzen Sie die Auswirkungen der Gesetzesänderung ein und wo sehen Sie mögliche Schwierigkeiten?
Dr. Jan-Marco Luczak: Die Auswirkungen des Gesetzes sind heute noch gar nicht absehbar. Die Ampel hat das Heizungsgesetz Anfang September in einem von uns scharf kritisierten Hauruck-Verfahren durch den Bundestag gepeitscht. Nur wenige Wochen später kündigte Bauministerin Klara Geywitz an, das beschlossene Gesetz noch vor seinem geplanten Inkrafttreten am 1. Januar 2024 nochmals überarbeiten zu wollen. Sie hat damit zugegeben, gemeinsam mit Robert Habeck überhastet ein schlecht gemachtes Gesetz auf den Weg gebracht zu haben. Wir haben von Anfang an auf den entscheidenden Geburtsfehler, nämlich die falsche Reihenfolge hingewiesen: erst die Wärmeplanung als Bezugspunkt, dann das daran anknüpfende Gebäudeenergiegesetz. Hier wurde der dritte Schritt vor dem ersten gemacht. Erst brauchen wir die Planung, erst dann können die Bürger eine fundierte Investitionsentscheidung mit Blick auf die Verpflichtungen des Heizungsgesetzes treffen. Die Ampel macht es aber genau umgekehrt – das wird nicht gut gehen. Mit diesem Vorgehen hat die Ampel Planungssicherheit und Vertrauen der Bürger massiv beeinträchtigt. Das lag und liegt insbesondere daran, dass innerhalb der Ampel noch immer über die soziale Verankerung des Gesetzes, nämlich die Förderkulisse, gestritten wird.
BVI-Magazin: Wichtig im Zusammenhang mit der Gesetzesnovelle sind die Fördermöglichkeiten für den Heizungsaustausch. Wie kann man entgegenwirken, dass die Neuregelungen zu einem Übermaß an Bürokratie für den Staat und für Immobilienverwalter führen?
„Das Heizungsgesetz steht im Widerspruch zum Versprechen der Ampel, Bürokratie abzubauen“
Dr. Jan-Marco Luczak: Das Heizungsgesetz steht im klaren Widerspruch zum Versprechen der Ampel, Bürokratie abzubauen. Die Pflichten der Hauseigentümer und Hausverwalter, aber auch die Förderprogramme sind so komplex geregelt, dass allenfalls Experten durchblicken. Auch der Normenkontrollrat hatte angemahnt, das Gesetz noch einmal auf seine bürokratischen Folgen zu überprüfen. Die Ampel hat das einfach übergangen. Tatsächlich sind die Bürokratiekosten in den letzten zwei Jahren unter der von SPD, Grünen und FDP geführten Bundesregierung weiter gestiegen. Das Heizungsgesetz ist ein gutes Beispiel dafür. Menschen und Unternehmen leiden darunter, dass viele Gesetze zu kompliziert sind, Berichtspflichten vorsehen und damit viele Kosten verursachen. Das ist ein großer Wettbewerbsnachteil für deutsche Unternehmen und eine Last für Verbraucher. Wir brauchen ein wirkliches Belastungsmoratorium und eine Bürokratiebremse im Sinne einer „One in, two out“-Regel: Kommt es zu einer belastenden Regelung, müssen dafür zwei andere entfallen.
BVI-Magazin: An die vorherige Frage anknüpfend: Vor allem in Zeiten steigender Zinsen und geringer Rücklagen der Wohnungseigentümergemeinschaften stellt sich die Frage der Finanzierung der Modernisierungsvorhaben. Genügen aus Ihrer Sicht die Fördermöglichkeiten, um Wohnungseigentümern angemessen unter die Arme zu greifen?
Dr. Jan-Marco Luczak: In vielen Eigentümergemeinschaften gibt es einen großen Modernisierungsstau. Hier muss viel mehr passieren. Das gelingt aber nur, wenn der rechtliche Rahmen dafür gegeben ist und die Vorhaben wirtschaftlich darstellbar sind. Dafür braucht es auskömmliche Förderungen und vor allen Dingen Planungssicherheit. Die Ampel hat mit dem abrupten Stopp von Förderprogrammen oder deren Kürzung leider das Gegenteil gemacht und für viel Verunsicherung gesorgt. Manche Programme sind auch strukturell völlig falsch konzipiert. Nehmen Sie etwa die Wohneigentumsförderung für Familien: In den ersten drei Monaten des Programms haben gerade einmal 212 Familien davon profitiert, weil die Förderbedingungen an der Lebensrealität vorbeigegangen sind. Auch bei der Pflicht zum Heizungstausch gibt es – obwohl das Gebäudeenergiegesetz in allergrößter Hast Anfang September von der Ampel durch den Bundestag gepeitscht wurde – noch immer kein finales Förderkonzept. Die soziale Flanke ist weiterhin völlig offen. Mit dem, was bislang an Eckpunkten bekannt ist, beweist die Ampel hingegen erneut, dass ihnen die Dimension der finanziellen Belastungen, die auf die Bürger durch die Wärmewende zukommen, nicht bewusst ist. So hat die Ampel die Möglichkeit der Modernisierungsumlage auf die Mieter massiv eingeschränkt. Das wird viele Vermieter vor große finanzielle Probleme stellen, sodass sich viele verschulden müssen oder Sanierungen erst gar nicht durchgeführt werden können – egal, ob eine Pflicht dazu besteht oder nicht. Diese drohende Überforderung gerade der vielen privaten Kleinvermieter wird von der Ampel völlig ignoriert. Die Energiewende und der Wohnungsbau drohen von SPD, Grünen und FDP an die Wand gefahren zu werden.
BVI-Magazin: Immobilienverwalter müssen neben ihrem „Brot-und-Butter-Erwerb“ jetzt als Manager der Energiewende für ihre Wohnungseigentümergemeinschaften immer mehr zusätzliche Aufgaben übernehmen. Der BVI fordert daher seit Langem eine angemessene Verwalter- vergütungsverordnung, die diesem Mehraufwand Rechnung trägt und die zusätzlich erbrachten Leistungen nach einem festen Vergütungssatz, der sich an den Kosten der Maßnahme ausrichtet, entlohnt. Wie ist Ihre Einschätzung dazu? Gibt es in diesem Bereich Bewegung?
Dr. Jan-Marco Luczak: In der Tat kommen auf Hausverwalter durch das Heizungsgesetz viele neue Aufgaben zu, deren Vergütung nicht ausdrücklich geregelt ist. Die Ampel hat diese Frage schlichtweg nicht mitgedacht. Viele Modernisierungsvorhaben sind aber so komplex, dass diese natürlich extra vergütet werden müssen und nicht mit dem regulären Verwalterhonorar abgegolten sind. Aufwand, der über übliche Verwalteraufgaben hinausgeht, muss auch gesondert entlohnt sein, sonst rechnet sich das Anbieten dieser Dienstleistung nicht mehr. Darauf muss sehr aufmerksam geblickt werden, weil es schon jetzt viel zu wenig Hausverwalter gibt. Die Attraktivität des Berufs darf nicht weiter leiden. Deswegen ist es zum Beispiel gut, dass demnächst auch rein digitale Eigentümerversammlungen beschlossen werden können. Das unterstütze ich.
BVI-Magazin: Die Branche hat mit der Einführung des „Zertifizierten Verwalters“ zum 15. Dezember 2023 das lang erwartete Gütesiegel erhalten; der echte „Sachkundenachweis“ jedoch, der im Koalitionsvertrag für WEG- und Mietverwalter versprochen worden ist, lässt auf sich warten. Rechnen Sie mit der Einführung noch in dieser Legislaturperiode?
Dr. Jan-Marco Luczak: Die Liste der Versprechen der Ampel aus dem Koalitionsvertrag weist noch viele Leerstellen auf – die kostenlosen individuellen Sanierungsfahrpläne und der echte Sachkundenachweis sind davon nur zwei. Die Zertifizierungspflicht bei Hausverwaltern, die grundsätzlich ab Dezember 2023 gelten wird, schafft bereits Qualitätssicherung. Bei der Einführung des gewerberechtlichen Sachkundenachweises muss eine Parallelführung zu den zivilrechtlichen Vorgaben vermieden werden. Die Ampel hat noch keinen Gesetzesvorschlag dazu vorgelegt und die Legislaturperiode ist bereits zur Hälfte verstrichen. Ob die Ampel dieses Vorhaben neben vielen anderen offenen Versprechen noch umsetzen wird, ist zumindest zweifelhaft.
BVI-Magazin: Ihr Fazit nach zwei Jahren Ampelkoalition: Hat die Bundesregierung ihre Hausaufgaben in der Wohnungs- und Baupolitik gemacht? Welche Schulnote würden Sie Klara Geywitz und Dr. Robert Habeck als den zuständigen Ministern, welche der Koalition insgesamt geben?
Dr. Jan-Marco Luczak: Die Ampel ist mit großen Versprechungen in die Regierungszeit gestartet, die Ergebnisse sind bislang mehr als enttäuschend. Wir befinden uns in der größten Wohnungsbaukrise seit Jahrzehnten und viele Probleme sind nicht nur exogenen Faktoren geschuldet, sondern hausgemacht. Bundesbauministerin Klara Geywitz ist zwar bemüht, hier fehlt es aber an Gesetzgebungszuständigkeiten und politischer Durchsetzungskraft. Unter anderem führt das dazu, dass die Ampel mit ihrem Ziel von 1,6 Millionen Wohnungen in dieser Legislaturperiode krachend scheitern wird. Verantwortlich dafür ist auch Robert Habeck, der ohne Rücksicht auf die volkswirtschaftliche und gesellschaftliche Dimension seine ideologischen Ziele durchsetzen will. Nachdem Bundeskanzler Olaf Scholz diesem Treiben bis zur Hälfte seiner Regierungszeit still und tatenlos vom Rande aus zugeschaut hat, hat er nun im September wenigstens zu einem Baugipfel im Kanzleramt eingeladen. Allerdings sind 14 dort beschlossene Punkte in der Sache mehr als dürftig. Die Zeitenwende beim Wohnungsneubau kriegt man damit keinesfalls hin, zumal deren Finanzierung und Umsetzung noch völlig ungeklärt sind. Scholz muss Bauen aber endlich zur Chefsache machen. Das Bewältigen der Baukrise ist Scholz’ persönliche Verantwortung und daran werden wir ihn messen. In der Schule wäre die Versetzung akut gefährdet.
Dr. Jan-Marco Luczak
Dr. Jan-Marco Luczak ist Rechtsanwalt und seit 2009 Mitglied des Deutschen Bundestags. Als wohn- und baupolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion beschäftigt er sich schon viele Jahre mit den Themen Bauen und Wohnen.
MdB