
Die von der Bundesregierung beschlossene Mietspiegelreform nimmt Fahrt auf.
Interview mit Dr. Johannes Fechner
Künftig sollen Mietspiegel transparenter und rechtssicherer werden. Der BVI hat mit Dr. Johannes Fechner, Sprecher der Arbeitsgruppe Recht und Verbraucherschutz der SPD-Bundestagsfraktion, über die Chancen und Vorteile qualifizierter Mietspiegel gesprochen.
BVI-Magazin: Der Deutsche Bundestag hat im Juni eine Reform des Mietspiegelgesetzes beschlossen. Was ändert sich künftig?
Dr. Johannes Fechner: Die SPD hat durchgesetzt, dass alle Gemeinden mit mehr als 50.000 Einwohnern zukünftig einen Mietspiegel erstellen müssen. Mit dieser Mietspiegelpflicht verhindern wir überzogene Mieterhöhungen. Denn Mieterhöhungen dürfen sich nur an der ortsüblichen Vergleichsmiete orientieren und die lässt sich am einfachsten über einen Mietspiegel feststellen. Darüber hinaus wird in Zukunft die Qualität der Mietspiegel steigen, da wir konkrete Standards formuliert und einen Auskunftsanspruch gegenüber Vermietern in das Gesetz aufgenommen haben. Danach müssen Vermieter künftig auf Verlangen Auskünfte zur Wohnung und zum Mietverhältnis erteilen.
BVI-Magazin: Qualifizierte Mietspiegel wurden in der letzten Zeit häufig wegen teilweise unzureichend berücksichtigter wissenschaftlicher Grundlagen im Rahmen von Gerichtsverfahren in Frage gestellt. Werden Mietspiegel künftig weniger Angriffsfläche bieten?
Dr. Johannes Fechner: Ja. Zum einen haben wir mit dem Auskunftsanspruch und den gesetzlich normierten Standards dafür gesorgt, dass die Qualität von qualifizierten Mietspiegeln in Zukunft steigen wird. Zum anderen haben wir eine Vermutungswirkung für die Wissenschaftlichkeit von qualifizierten Mietspiegeln eingeführt. Nach der neuen Regelung wird vermutet, dass ein Mietspiegel nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt wurde, wenn er entweder von der zuständigen Behörde sowie Interessenvertretern von Vermietern und Mietern anerkannt wurde. Oder den Anforderungen entspricht, die eine von der Bundesregierung erlassene Rechtsverordnung an qualifizierte Mietspiegel richtet. Die unsägliche Praxis der Vermieter, die Wissenschaftlichkeit der Mietspiegel vor den Gerichten anzuzweifeln und hierdurch die Mieterschutzinstrumente zu unterlaufen, können wir so beenden.
BVI-Magazin: Welche Vorteile bringt das neue Mietspiegelgesetz für die Mieterinnen und Mieter?
Dr. Johannes Fechner: Den Mieterinnen und Mietern wird es in Zukunft leichter fallen, ihre Rechte durchzusetzen. Denn den Mietspiegeln lässt sich die ortsübliche Vergleichsmiete entnehmen, auf die sich Kappungsgrenze, Mietpreisbremse und Mietwucher beziehen. Indem wir Mietspiegel aussagekräftiger und rechtssicherer gestaltet haben und sie flächendeckend ab einer Größe von 50.000 Einwohnern eingeführt haben, erhalten die Mieterschutzinstrumente eine höhere Durchschlagskraft.
BVI-Magazin: Aus der Opposition wurde vorgeschlagen, das Verfahren zur Erstellung von Mietspiegeln komplett auf die Finanzämter zu übertragen. Vermieter würden verpflichtet, mit der Steuererklärung die erforderlichen Angaben zur vermieteten Wohnung für den Mietspiegel abzugeben. Was sprach aus Sicht der Regierungskoalition gegen diesen Vorschlag?
Dr. Johannes Fechner: Wie viele Daten abgefragt werden, spielt für die Schutzwirkung von Mietspiegeln weniger eine Rolle als die Frage, welche Daten abgefragt werden. Mehr gleiche Daten hätten aus unserer Sicht keinen Mehrwert gebracht. Die SPD hat sich aber in den Verhandlungen dafür eingesetzt, dass zur Bestimmung der ortsüblichen Vergleichsmiete breiter Daten erhoben werden. Bislang wird nur preisfreier Wohnraum berücksichtigt. Damit werden aber weite Teile des Mietwohnungsmarkts aus der Betrachtung ausgeschlossen, obwohl auch die dort geforderten Mieten unzweifelhaft zu den Mieten vor Ort zählen und die Mietpreissituation mitprägen. Auch die Fokussierung auf einen nur kurzen Betrachtungszeitraum führt dazu, dass steigende Mieten deutlich stärker durchschlagen und die Mietenentwicklung stärker befördern als dies bei einer Betrachtung aller Mieten der Fall wäre. Darum sollten aus Sicht der SPD künftig mindestens die vertraglich vereinbarten Mieten der vergangenen acht Jahre bei ihrer Aufstellung herangezogen werden. Darüber hinaus sprechen wir uns für die Beschränkung weiterer Begründungsmittel für Mieterhöhungsverlangen aus. Wenn ein qualifizierter Mietspiegel vorliegt, sollen Vermieter in Zukunft keine drei Vergleichswohnungen und keine Sachverständigengutachten mehr heranziehen können, um Mieterhöhungen zu verlangen. Die Datengrundlagen sind hier sehr viel unsicherer und für die Mieter schwieriger zu überprüfen. Insofern besteht für Mieterinnen und Mieter ein nicht unerhebliches Risiko, dass Vermieter unter Rückgriff auf Vergleichswohnungen zu Unrecht eine höhere als die tatsächliche ortsübliche Vergleichsmiete verlangen. Dies wollen wir verhindern.
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Dr. Johannes Fechner
Mitglied des deutschen Bundestages
Geboren am 25. November 1972, verheiratet, evangelisch, zwei Kinder.
1993 bis 1998 Jura-Studium in Freiburg, 1999 bis 2000 Referendariat in Offenburg, 2000 bis 2001 Promotion, Nebentätigkeiten an der Universität Freiburg und einer Freiburger Anwaltskanzlei, Korrekturassistent Universität Freiburg. Seit 2001 Rechtsanwalt in Emmendingen. 2000 stellvertretender und seit 2004 Kreisvorsitzender der SPD Emmendingen. 1994 bis 2013 Gemeinderat Emmendingen, seit 2009 im Kreisrat.
Seit 2013 Mitglied des Bundestages. Sprecher der Arbeitsgruppe Recht und Verbraucherschutz der SPD-Fraktion im Deutschen Bundestag.
SPD-Fraktion im Deutschen Bundestag