Erweiterte Elementarrisiken: Versicherungsschutz unbedingt prüfen
Interview mit Michael Commans, Geschäftsführer der BEST GRUPPE
Jedes Jahr verursachen extreme Naturereignisse immense Schäden. Auch lokale und regionale Ereignisse haben es zunehmend in sich. Sie können innerhalb kürzester Zeit Gebäude, Betriebseinrichtungen und vieles mehr zerstören – so wie das Tiefdruckgebiet „Bernd“. Es sorgte im Westen Deutschlands für Schäden in Milliardenhöhe. Das BVI Magazin sprach mit Michael Commans von der BEST GRUPPE, einem unabhängigen Versicherungsmakler, über Elementarschadenrisiken und Versicherungsschutz.
BVI-Magazin: Starkregen, Überflutungen und Rückstau haben im Juli ganze Ortschaften verwüstet. Inwieweit sind solche Katastrophen versicherbar?
Michael Commans: Bei Immobilien und allem, was mit diesen fest verbunden ist, ist die Gebäudeversicherung zuständig. Für das Inventar, das im Gebäude steht, ist im privaten Bereich die Hausrat- und bei Gewerberäumen die Inhaltsversicherung anzuraten. Doch aufgepasst: Im Normalfall sind nur Schäden, die durch Feuer, Leitungswasser, Sturm, Blitz und Hagel entstanden sind, darüber versichert. Daneben gibt es die erweiterten Naturgefahren. Dazu gehören Schneedruck, Lawinen, Erdrutsch, Erdsenkung und Erdbeben, aber auch Überschwemmung und Starkregen. Diese Risiken lassen sich nur über die erweiterte Elementarschadendeckung einschließen. Der Einschluss muss separat beantragt werden. In der Regel wird wegen des höheren Risikos auch ein zusätzlicher Beitrag gefordert.
BVI-Magazin: Kann sich jeder gegen erweiterte Elementarrisiken versichern?
Michael Commans: Leider nein. Deutschland ist in vier Zonen bzw. Gefährdungsklassen eingeteilt, die die Wahrscheinlichkeit für eine Überschwemmung, Rückstau und Starkregen widerspiegeln. Je höher die Klasse, umso höher das versicherungstechnische Risiko. Das spiegelt sich auch in der Höhe der Versicherungsbeiträge, spezifischen Auflagen oder Selbstbehalten wider. In der höchsten Klasse sind Gebäude schwer bis gar nicht gegen die erweiterten Elementarrisiken versicherbar. Die Verfügbarkeit des Versicherungsschutzes ist also davon abhängig, wo die zu versichernde Immobilie steht.
BVI-Magazin: Im Bundesdurchschnitt sind nur 46 Prozent der Immobilien umfassend gegen Elementarschäden versichert. Woran liegt das?
Michael Commans: Ein Grund ist wohl, dass zwei Drittel der Hausbesitzer glauben, von einer Überschwemmung nie betroffen zu sein. Ein weiterer Grund: adäquater Versicherungsschutz kostet in der Regel mehr Geld. Eine falsche Beratung kann auch Ursache sein für den fehlenden Versicherungsschutz. Wir hören auch von unterschiedlichen Interessenlagen bei Wohnungseigentümergemeinschaften. Während die Eigentümer im Erdgeschoss den Bedarf sehen, erachten die Eigentümer in den oberen Etagen den Versicherungsschutz als nicht unbedingt erforderlich. Fehlender Versicherungsschutz kann aber auch darin begründet sein, dass das Objekt schlicht aufgrund der Lage nicht versicherbar ist oder es in den letzten zehn Jahren bereits zu einem Elementarschaden gekommen ist.
BVI-Magazin: Welche Kosten werden über die erweiterte Elementarschadendeckung getragen?
Michael Commans: Zunächst einmal sind diejenigen Kosten gedeckt, die zur Minimierung des Schadens beitragen. Wird ein Haus komplett zerstört und muss abgerissen werden, ist auch dies sowie der Wiederaufbau versichert – also der Sachschaden. Sind Wohnungen über einen längeren Zeitraum nicht bewohnbar, werden bei selbstbewohnten Immobilien auch Kosten für die alternative Unterbringung übernommen. Gleiches gilt für entgangene Mieten – auch diesen Folgeschaden tragen die Versicherer.
BVI-Magazin: Bei einer von einem BVI-Mitglied verwalteten Immobilie ist es aufgrund eines überschwemmten Balkons zu einem hohen Schaden am Bodenbelag in der dazugehörigen Wohnung gekommen. Es bestand eine Elementarschaden-versicherung, die Kosten wurden jedoch nicht übernommen. Warum?
Michael Commans: Das ist ganz einfach zu erklären. Versichert sind lediglich die Überschwemmung des Grundstücks und eine daran anschließende Überschwemmung des Gebäudes. Versichert ist zudem der „witterungsbedingte Rückstau“. Also wenn Wasser von der Kanalisation in die Häuser und über Spülbecken, Dusche und WC in die Räume gedrückt wird.
BVI-Magazin: Gibt es Vorkehrungen wie z. B. den Einbau von Rückstauklappen, die zur Vermeidung solcher Schäden getroffen werden müssen?
Michael Commans: Das ist abhängig von den einzelnen Bundesländern und in der Landesbauordnung geregelt. Die Landesbauordnung Nordrhein-Westfalen sieht dies nicht vor. Sofern dies in anderen Bundesländern der Fall ist, gehört die regelmäßige Wartung und die Erhaltung der Funktionsfähigkeit zu einer vertraglichen Verpflichtung.
BVI-Magazin: Die sieben schwersten Überschwemmungen in Deutschland haben sich in den letzten zwanzig Jahren ereignet. Das Ereignis „Bernd“ ist Spitzenreiter. Welche Auswirkungen wird dies Ihrer Meinung auf den Versicherungsmarkt haben?
Michael Commans: Die Schadenquoten der Versicherer werden weiter steigen. Dies wird zwangsläufig zu weiter steigenden Beiträgen führen. Vielleicht wird über deutlich höhere Selbstbeteiligungen nachgedacht werden müssen. Es gibt wohl auch schon Überlegungen, die Gefährdungsklassen neu zu definieren.
BVI-Magazin: Ihre Empfehlungen?
Michael Commans: All diejenigen, die noch keinen entsprechenden Versicherungsschutz haben, sollten dies schnellstmöglich ändern. All denjenigen, die diesen Versicherungsschutz schon besitzen, würde ich empfehlen, ihn nicht zu gefährden. Ich persönlich würde mir deshalb gut überlegen, ab welcher Größenordnung ich einen versicherten Schaden tatsächlich melde. Hier spreche ich ausdrücklich nur von kleinen Dingen, wie einen vollgelaufenen Kellerraum, der nach dem Abpumpen des Wassers und bei guter Belüftung fast von selbst trocknet. Am Ende geht es – nach Abzug der vertraglichen Selbstbeteiligung – dann nur um eine geringe Entschädigung. Der Vertrag wäre jedoch mit einem Elementarschaden belastet. Und das ist keine gute Ausgangslage für einen eventuellen, ins Auge gefassten Wechsel zu einem vielleicht professionelleren Versicherer.
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