Was Immobilienverwalter beachten müssen
Eingriffe in die Gebäudehülle bei der nachträglichen Installation von Photovoltaikanlagen
Eine Energiegewinnungsanlage, zum Beispiel als Photovoltaikanlage zur Stromerzeugung, an Bauteilen der Gebäudehülle zu installieren, bedarf neben der technischen und der organisatorischen Planung einer komplexen Betrachtung der Gebäudehülle.
In der Praxis wird häufig die richtige Reihenfolge bei der Planung missachtet. Eine unzureichende Vorplanung kann dann zu Schäden an der Gebäudehülle oder zu kostspieligen De- und Remontagearbeiten führen.
In welcher Reihenfolge ist bei der Planung einer Photovoltaikanlage vorzugehen?
Bei einer „technischen Grundlagenermittlung“ sollte das Bauteil der Hüllfläche, zum Beispiel die Dachkonstruktion, zuerst auf seinen Ist-Zustand, seine Abnutzung und seinen Instandsetzungsbedarf untersucht werden. Bei der objektspezifischen Bewertung von Instandsetzungserfordernissen müssen insbesondere das Alter und das Material der vorhandenen Bauteile in Bezug auf die Lebens-/Nutzungsdauer beachtet werden.
Übliche Dachdeckungen und Dachabdichtungen, zum Beispiel mehrlagige bituminöse Abdichtungen mit oder ohne Kiesauflast, einlagige Kunststoffabdichtungen, Dachbegrünungen oder metallische Stehfalzdeckungen, können sehr unterschiedlich geeignete Bauteiluntergründe mit deutlich variierender durchschnittlicher Lebensdauer sein.
Bei der Montage zu beachten sind unterschiedliche Einbauarten, die an die unterschiedlichen Dachdeckungen anzupassen sind. Beispielhaft werden direkte Befestigungen an tragenden Bauteilen, Befestigungen an Auflastelementen, ballastierte und aufgeständerte Systeme genannt.
Vorhandene Wärmedämmstoffe der Dachkonstruktion können je nach Material sehr unterschiedliche Druckfestigkeiten aufweisen und müssen für die zusätzliche Druckbelastung infolge Auflast der Photovoltaikanlage geeignet sein. Das kann zusätzliche Lastverteilungskonstruktionen auf der Dachfläche erfordern.
Neben der Prüfung der Funktionstauglichkeit und Dauerhaftigkeit der bestehenden Dachkonstruktion müssen vorher weitere Parameter der Gebäudehülle geprüft werden, zum Beispiel die Tragfähigkeit der Dachkonstruktion, die Höhenlage bezüglich Windsogsicherung, Brandschutzanforderungen sowie die Erreichbarkeit und Wartungsfreundlichkeit der Dachfläche. Je nach Art und Standort des Gebäudes können auch denkmalschutzrechtliche Hindernisse für eine Montage bestehen.
Aus der technischen Grundlagenermittlung leitet sich ab, ob eine Anlage errichtet werden kann oder ob zuerst die Dachkonstruktion instandgesetzt oder ertüchtigt werden muss.
Was sind häufige Schadensursachen bei der Befestigung von Photovoltaikanlagen?
Nach einer Umfrage unter Sachverständigen gemäß der Forschungsschrift „Solaranlagen auf Flachdächern im Gebäudebestand“ des Aachener Instituts für Bauschadensforschung und angewandte Bauphysik (AIBau) von 2016 berichten 48 Prozent der Befragten von negativen Erfahrungen mit nachträglich eingebauten Anlagen (Abb. 1).
Demnach wurde von den Befragten als eine der Hauptschadensursachen neben der unzureichenden Prüfung des Untergrunds und der Vorschädigung der Abdichtung infolge Abnutzung die nicht fachgerechte Montage von Befestigungselementen durch die Dachhaut genannt (Abb. 2). Als Zeitpunkt des Auftretens der Schäden wurde in 54 Prozent der Fälle das erste Jahr und in 36 Prozent der Fälle der Zeitraum zwischen dem ersten und dem vierten Jahr nach Errichtung genannt.
Was lässt sich aus diesen Erkenntnissen für die Immobilienverwaltung ableiten?
Aufgabe der Immobilienverwaltung im Sinne ihrer Bauherrenfunktion ist es, alle Beteiligten des Planungs- und Umsetzungsprozesses möglichst früh einzubinden. Eine technische Bestandsaufnahme als Grundlage der Bewertung der Realisierbarkeit ist unerlässlich, um unter fachkundiger handwerklicher Begleitung die bauliche Maßnahme umzusetzen.
Abb. 1: Erfahrungen zu nachträglich auf Bestandsdächern montierten Anlagen. Aus: Forschungsschrift „Solaranlagen auf Flachdächern im Gebäudebestand“ des Aachener Instituts für Bauschadensforschung und angewandte Bauphysik (AIBau), 2016
Nicht zu vergessen ist die Organisation einer wirkungsvollen Instandhaltung mit turnusmäßiger Wartung, um Funktion und Effizienz der Anlage dauerhaft zu gewährleisten und die Montageuntergründe der Gebäudehülle intakt zu halten. Infolge von Sonderereignissen, zum Beispiel nach Starkregen oder Hagel, ist eine gesonderte Inaugenscheinnahme der Anlage und der Montageuntergründe auf Beschädigung zu empfehlen.
Abb. 2: Schadensursachen. Aus: Forschungsschrift „Solaranlagen auf Flachdächern im Gebäudebestand“ des Aachener Instituts für Bauschadensforschung und angewandte Bauphysik (AIBau), 2016
Sandra Zöller
Dipl.-Ing. SANDRA ZÖLLER ist ö. b. u. v. Sachverständige für Schäden an Gebäuden (IHK), zertifizierte Sachverständige für Schäden an Gebäuden (EIPOSCERT) gemäß DIN EN ISO/IEC 17024 und Geschäftsführerin Zöller Architekten GmbH, München.
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