KI in der Hausverwaltung
„I’ll be back“. Diese Worte spricht ein Androide, der in einem New Yorker Polizeirevier steht und versucht, einen menschlichen Rebellen ausfindig zu machen. Der „Terminator“ aus dem Jahr 1984 ist ein Science-Fiction-Film mit mehreren Bedeutungsebenen und Interpretationsmöglichkeiten. Er zeigt eine Zukunft, in der Maschinen die Kontrolle übernommen haben und die Menschheit unterjochen. Vor allem ist er als Warnung vor den Gefahren Künstlicher Intelligenz (KI) zu verstehen, denn er zeigt die zunehmende Abhängigkeit von Technik und die damit verbundenen Risiken unkontrollierter KI-Entwicklung. Damals eine Fiktion, die uns vor der Leinwand gefesselt hat. Und heute?
Die digitale Transformation hat längst Einzug in fast alle Bereiche unseres Lebens gehalten. Die großen globalen Player wie Microsoft, Apple, Google oder Samsung setzen voll auf KI, beispielsweise beim Sprachassistenten „Siri“, der personalisierte und kontextbezogene Antworten ermöglicht. Mit „Siri“ als eine Art digitale Freundin will man Teil der Privatsphäre der Nutzer werden, um deren Bedürfnisse zu verstehen und diese gezielt für Werbung anzusprechen.
Auch in der Wohnungswirtschaft soll nun KI revolutionäre Veränderungen bringen und Vorteile für Hausverwalter, Eigentümer und Mieter mit sich bringen. Es ist die Rede von Effizienzsteigerungen und Optimierung der Prozesse.
Anforderungen an KI in der Hausverwaltung
Den derzeit größten Nutzen sehen viele Verwalter in der Kommunikation mit Mietern und Eigentümern. Viele Verwalter setzen derzeit auf telefonische Erreichbarkeit bis maximal 12 Uhr. Damit soll erreicht werden, dass Mitarbeiter nachmittags in Ruhe ihre Aufgaben abarbeiten können. Eine automatisierte Kundenkommunikation soll mehr Freiraum für Sachbearbeiter und Objektverwalter bringen. Chatbots und virtuelle Assistenten können häufige Anfragen von Kunden beantworten und Anliegen automatisch bearbeiten, indem sie Anfragen analysieren, kategorisieren und dann an den zuständigen Mitarbeiter weiterleiten. Das führt zu einer schnelleren Bearbeitung und letztlich zur Zufriedenheit der Kunden.
Aber auch in der Gebäudesteuerung und der Wartung kann KI Mehrwert bringen. Die intelligenten Algorithmen optimieren zum Beispiel den Energieverbrauch, die Heizung, die Beleuchtung und Wartungsintervalle anhand von Sensordaten. Ein Techniker wird erst dann gerufen, wenn wirklich Bedarf ist. Das senkt Kosten, da automatisierte Prozesse eine vorausschauende Wartung bieten und entsprechende Maßnahmen empfehlen können. Ganz besonders im Schadensmanagement von Gebäuden soll KI weitreichende Verbesserungen ermöglichen. Beispiel Schimmel in der Wohnung: Der Mieter braucht nur noch ein Foto zu senden. Die KI analysiert dann, um welche Schimmelart es sich handelt. Gleichzeitig kann KI an den Objektverwalter Empfehlungen übermitteln, welcher Maßnahmen es bedarf, um die ursprüngliche Bausubstanz wiederherzustellen. Auch ein grobes Beziffern der Kosten ist möglich.
Der wohl größte Vorteil von KI dürfte die sekundenschnelle Analyse von Daten sein. Eine leistungsstarke KI kann große Datenmengen analysieren und diese in aussagekräftigen Berichten verständlich darstellen, zum Beispiel für den Betrieb relevante Kennzahlen wie etwa Auslastung von Mietobjekten, Einnahmen, Ausgaben und anstehende Betriebserfordernisse.
Umsetzung des KI-Einsatzes
So gesehen spricht erst einmal alles für KI. Doch die Implementierung von KI in der Hausverwaltung setzt eine sorgfältige Planung und Anpassung der bestehenden Systeme voraus. Über eine Bedarfsanalyse sollten die Bereiche identifiziert werden, die einen wirklichen Nutzen von KI bringen. Manchmal ist weniger mehr. Deshalb sollten stets klare Ziele festgelegt werden, was erreicht werden soll.
Auch die richtige Technik ist entscheidend. Viele, die sich mit KI nicht so sehr auseinandergesetzt haben, kennen als einzige KI ChatGPT von OpenAI. Dabei gibt es viele Anbieter mit unterschiedlichen Lösungen. Besondere Aufmerksamkeit sollte dem Funktionsumfang, der Benutzerfreundlichkeit, den Integrationsmöglichkeiten, der Datensicherheit, dem Datenschutz und dem Support geschenkt werden. Grundsätzlich sollte immer ein Pilotprojekt geplant werden. Dadurch ist es möglich, die Bedingungen zu testen, Erfahrungen zu sammeln und Anpassungen vorzunehmen, bevor KI dann im größeren Umfang in der Hausverwaltung eingesetzt wird.
Einige nutzen schon vermehrt ChatGPT und verbessern damit die Kundenkommunikation. Mittlerweile fällt es aber auch dem Kunden auf, dass sich dadurch der Inhalt der Kommunikation verändert. Mitunter fragen auch Kunden, ob bereits ChatGPT oder eine andere KI-Lösung eingesetzt wird. Damit kann auch Misstrauen entstehen. Denn es ist erwiesen, dass die Ergebnisse der KI nicht immer richtig sind, da zum Beispiel ChatGPT auf einem Wahrscheinlichkeitsmodell basiert. Das bedeutet, dass die Antworten auf der höchsten Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit laut Systemanalyse beruhen. Entgegen seinen viel gepriesenen Fähigkeiten ist die Künstliche Intelligenz eben nicht so „intelligent“, dass sie die korrekte Antwort tatsächlich „weiß“. Folglich treten oft Fehler in diesen Antworten auf. Das könnte dazu führen, dass falsche Informationen weitergegeben werden.
Gesetzliche Vorgaben und Unternehmensrichtlinien
Genau deshalb sind Unternehmensrichtlinien unerlässlich. Denn beim Einsatz von KI sind zahlreiche gesetzliche Vorgaben zu beachten, besonders beim Datenschutz. Spezifische Unternehmensrichtlinien sind ein wesentliches Element beim Einsatz von Chatbots oder KI-Systemen und sollten Zweck und Umfang des KI-Einsatzes klarstellen. Dazu gehört die Erklärung, welche Aufgaben die KI übernimmt und welche Daten verarbeitet werden dürfen. Es müssen Maßnahmen zur Sicherstellung der DSGVO-Konformität getroffen werden, einschließlich der Pseudonymisierung und Anonymisierung personenbezogener Daten. Und da fangen die Probleme eigentlich erst an.
Können Chatbots persönliche Informationen schützen?
Eine gute und wichtige Frage. KI-Anbieter arbeiten an Lösungen, um datenschutzrechtliche Anforderungen zu wahren, ohne dabei die Funktionalität der Systeme und die Ergebnisse zu beeinträchtigen. Man muss wissen, dass zum Beispiel ChatGPT selbst keine Funktion zur automatischen Pseudonymisierung oder Anonymisierung personenbezogener Daten bietet. Das System ist darauf ausgelegt, auf Eingaben zu reagieren und Informationen zu verarbeiten. Hingegen haben IBM und Amazon bereits Schritte unternommen, um solche Anonymisierungsfunktionen in ihre Chatbot-Plattformen zu integrieren. IBMs Watson Assistant beispielsweise bietet Möglichkeiten zur Maskierung sensibler Daten, während Amazon Lex die Verschlüsselung von Konversationsdaten ermöglicht.
Besonders im Gesundheitswesen kommen spezialisierte Chatbots mit fortschrittlichen Anonymisierungstechniken zum Einsatz. Denn die Eingaben in einen Chatbot sind nicht wie in einer zentralen Datenbank abgelegt. Man hat also nicht die Möglichkeit, einzelne Datensätze herauszufiltern und sie gesondert zu verarbeiten oder zu verändern. Das zeigt auch der Fall Max Schrems. Der österreichische Datenschützer hat festgestellt, dass ChatGPT falsche Informationen über ihn lieferte und hat deshalb eine Beschwerde gegen OpenAI eingereicht, da laut DSGVO jeder das Recht auf Richtigkeit seiner Daten hat. Im Klartext heißt dies, Hausverwaltungen müssen umfangreiche Unternehmensrichtlinien erstellen, um zu vermeiden, dass Mitarbeiter „munter drauflos“ personenbezogene Daten in die Tiefen der KI-Systeme schicken.
Datenschutzrechtlichen Aspekten muss also beim Einsatz von KI Rechnung getragen werden. So sind die Grundsätze der Datenminimierung, Zweckbindung und die Einhaltung und Umsetzung geeigneter technischer und organisatorischer Maßnahmen elementar, denn Fehlentscheidungen durch die KI, etwa durch falsche Daten oder Algorithmen, können erhebliche Konsequenzen haben. Zudem besteht die Gefahr des Datenmissbrauchs oder des unbefugten Zugriffs auf sensible Informationen. Ein weiteres Risiko besteht in der Abhängigkeit von Technikanbietern und der möglichen Betriebsunterbrechung durch technische Störungen oder Cyberangriffe.
Das „Gesetz über Künstliche Intelligenz“
Um sicherzustellen, dass der Einsatz von KI stets rechtlichen Erfordernissen unterliegt, hat die EU hat am 21. Mai 2024 mit der KI-Verordnung (KI-VO) eine Grundlage geschaffen. Das Europäische Parlament schreibt auf seiner Website: „Das Europäische Parlament möchte sicherstellen, dass KI-Systeme in der EU sicher, transparent, nachvollziehbar, nicht diskriminierend und umweltfreundlich sind. Es soll gewährleistet werden, dass Menschen und nicht Automatisierungssysteme die KI überwachen, um schädliche Ergebnisse zu verhindern. Außerdem strebt das Parlament eine einheitliche Definition für KI an, die auf zukünftige KI-Systeme angewendet werden kann.“
Die Datenschutzkonferenz (DSK)
Die DSK (ein Konsortium aller Landesdatenschutzbeauftragten der Bundesländer) hat eine umfassende Orientierungshilfe für den datenschutzkonformen Einsatz von KI-Anwendungen, vor allem den Einsatz von Chatbots, veröffentlicht. Dieser detaillierte Leitfaden beschreibt die wichtigen Maßnahmen eines geplanten KI-Einsatzes samt rechtlicher Grundlagen. Besonders die Zweckbestimmun gen, die Rechtsgrundlagen, die Rechtmäßigkeit und die Notwendigkeit einer möglichen Datenschutz-Folgenab schätzung sind eine wertvolle Anleitung zur späteren Um setzung etwaiger KI-Projekte. Zudem werden Themen wie der Schutz von Beschäftigtendaten, die Vermeidung von Diskriminierung und der Umgang mit sensiblen personen bezogenen Daten behandelt. Die Orientierungshilfe dient als wichtiger Wegweiser für die datenschutzkonforme Inte gration von KI in verschiedenen Bereichen und soll kontinu ierlich an aktuelle Entwicklungen angepasst werden.
Fazit
KI ist praktisch und bequem. Sie wird unser Leben verändern, auch die Arbeitsweise. Die Kundenkommunika tion wird zielgerichteter und schneller gehen. Möglicher weise wird sie aber auch unpersönlicher. Wir stehen erst am Anfang und wissen nicht, welche Möglichkeiten sich noch ergeben werden. Wichtig ist, dass wir nicht vergessen, dass am Ende immer noch der Mensch entscheiden soll und muss. Und solange KI uns Menschen nützt, wird sich niemand dagegenstellen. Geben wir aber das Zepter aus der Hand, kann es durchaus passieren, dass weitreichende Entscheidungen nicht mehr von einem Menschen, sondern von einer Maschine getroffen werden. Dann klingt der eingangs erwähnte Satz „I’ll be back“ gar nicht mehr nach Fiktion.
Reinhold Okon
REINHOLD OKON ist zertifizierter Datenschutzbeauftragter (TÜV Süd) und hat sich seit Jahren auf den Datenschutz in der Haus- und Immobilienverwaltung spezialisiert.
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