Nach wie vor ist Idealismus gefragt
Das EEG 2021 und die lmmobilienwirtschaft
Mit der am 1. Januar 2021 in Kraft getretenen Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) wurden erste Schritte für eine Erleichterung von Mieterstrommodellen beschlossen. Die erhöhte Aufmerksamkeit für das Thema wird auch in Wohnungseigentümergemeinschaften zu verstärkter Nachfrage nach Strom aus Solar- und Photovoltaikanlagen führen. Für Immobilienverwalter ändert sich an der grundlegenden Umsetzung jedoch erst einmal wenig.
Das neue EEG schafft den Rahmen, mit dem das Ziel von 65 Prozent Erneuerbare Energien bis 2030 und Treibhausgasneutralität in der Stromversorgung in Deutschland noch vor dem Jahr 2050 erreicht werden soll. Dazu gehört u.a. die Befreiung kleiner Anlagen, bis zu 30 kWp installierte Leistung, von der EEG-Umlage (§61j EEG 2021). Diese selbst sinkt nur marginal: Seit Januar 2021 ist sie auf 6,5 Cent/kWh gedeckelt, für das Jahr 2022 soll sie sechs Cent betragen. Laut BMWi-Pressemitteilung von Ende April 2021 soll sie in den Jahren 2023 und 2024 weiter auf 5 Cent/kWh gesenkt werden. Im Gegenzug wird die CO2-Bepreisung für Gebäude eingeführt, die das Heizen mit Öl und Erdgas teurer macht.
Großer Schritt in richtige Richtung
BVI-Präsident Thomas Meier sieht die Definition von Zielen und die Befreiung von der EEG-Umlage bei Anlagen mit geringer Leistung als erste wichtige Schritte, die die Attraktivität von Solar- und Photovoltaikanlagen steigern werden. „Auch der Quartiersansatz, der bedeutet, dass der erzeugte Strom von Solaranlagen nicht nur vom selben Wohngebäude, sondern von einem größeren Viertel verbraucht werden kann, ist ein großer Schritt in die richtige Richtung. Nach wie vor gibt es jedoch für Verwalter große Hürden bei der Installation von erneuerbaren Energien“, so Meier.
Die Stolpersteine für Verwalter
„Das Projekt Mieterstrom hat viele Stolpersteine“, meint auch der BVI-Experte Gerhard Holzapfel, seit 2003 Immobilienverwalter in der Region Rhein-Main und seit 2007 Gebäudeenergieberater. „Damit das Projekt Mieterstrom klappt, müssen viele Stolpersteine überwunden werden. Zuallererst muss der Verwalter dazu bereit sein, sich hier zu informieren und die energiefreundliche Lösung unterstützen. Häufig scheitert das Projekt jedoch schon am Einholen von drei Angeboten, da es nach wie vor einen Mangel an Anbietern mit Referenzprojekten bei Wohnungseigentümergemeinschaften gibt. Unterstützung gibt es hier von den örtlichen Anbietern der Mainova und der Süwag. Die nächste und auch die größte Hürde ist dann die Wirtschaftlichkeit des gesamten Projekts. Selbst wenn diese gegeben ist, muss sich im Anschluss ein Dienstleister für die Umsetzung finden. Letztendlich stellt sich für den Verwalter auch die Frage, ob er seine Leistungen kostenlos zusätzlich erbringt oder ob er sie sich vergüten lässt. Erst wenn in all diesen Punkten eine Einigung erzielt wurde, kann das Projekt Mieterstrommodell starten.“
Idealismus auf Eigentümer- und Verwalterseite
Auch Cornelia Hopf-Lonzen, BVI-Mitglied und Inhaberin einer Immobilienverwaltung mit 4.500 Einheiten im Bestand in Erfurt, sieht als Grundvoraussetzung für Mieterstromprojekte eine Portion Idealismus. Bislang hat sie zwei Projekte erfolgreich umgesetzt – aufgrund kompetenter Partner und eines veränderungswilligen Miteigentümers. „Ich sehe es als unsere Aufgabe hier mit den Eigentümern gemeinsam Schritte in die richtige Richtung zu gehen. Als Verwalter muss ich die Leute nur abholen und ihnen erklären, was passiert. Für den Rest habe ich kompetente, lokale Fachleute.“ In der Region Erfurt ist der Reparaturstau nicht so gewaltig, wie in vielen westlichen Bundesländern. Damit ist sie für die Investition in erneuerbare Energien ein dankbares Pflaster. Dennoch stellt die Unternehmerin mit ihren Projekten eine Ausnahme dar.
Für die Umsetzung stellte die WEG ihr Dach zur Verfügung und das komplette Mieterstrommodell wurde durch einen Dritten investiert und betrieben, in ihrem Fall durch die Stadtwerke Erfurt. Hopf-Lonzens Aufwand beschränkte sich, abgesehen von der laufenden Kommunikation mit der WEG, auf die einmalige Vertragsgestaltung mit dem Mieterstromanbieter, die sie als klassische Zusatzleistung verrechnete.
Optionen ohne anmietenden Energieversorger
Bei dieser Umsetzungsoption ist die Wirtschaftlichkeit gegeben, da das Risiko beim Energieversorger liegt. Gibt es keinen Energieversorger, der die Dachfläche anmietet, kann die WEG entweder
a.) komplett selbst das Mieterstrommodell realisieren oder
b.) in die Anlage investieren und sie betreiben. Der Stromverkauf wird jedoch an einen Dritten (Mitstromanbieter) ausgelagert.
Beide Optionen sind mit großem bürokratischem Aufwand verbunden, angefangen bei der Versicherung, der Anmeldung des Stromzählers, der Umsatzsteueranmeldung u.v.m. Gebäudeenergieberater Holzapfel sieht hier wieder das Problem der Wirtschaftlichkeit. Zugleich ergeben sich daraus auch die Ansatzpunkte für eine Nachbesserung des EEG 2021: „Wichtig wären die Vereinfachung der Prozesse und eine automatische Inklusion von erneuerbaren Energie-Anlagen in Versicherungen. Würde außerdem die EEG-Umlage für z.B. zehn Jahre komplett gestrichen oder sogar in einen Bonus für jedes kWp verbrauchter Leistung verwandelt, schüfe das einen großen Anreiz.“
Wenn das Risiko bei den Eigentümern liegt
Im Sinne der Wirtschaftlichkeit müsste sich das Mieterstrommodell innerhalb von zehn Jahren rechnen, wenn das Risiko bei den Eigentümern liegt. Das ist aber nur selten der Fall. Neubauten sind dabei kein Problem – diese müssen ohnehin energieeffizient gebaut werden, da sie ansonsten den Benefit gewaltiger Fördertöpfe verpassen – sondern Bestandsbauten. Dazu Holzapfel: „Wohnungseigentümer von Bestandsbauten haben meist größere Probleme, denn die Bauten sind 30 oder 40 Jahre alt und haben viele Baustellen. Damit wird das Heizen mit Solarthermie zum Luxusproblem, vor allem wenn dann auch noch Hürden, wie die EEG-Umlage, gesetzt werden. Für die WEG stellt sich die einfache Frage, wo sie mehr Kosten einspart: mit einer Fassadendämmung, einer Dachsanierung oder mit ein paar kWp über Solarstrom? Spätestens hier werden die Pläne für Mieterstrommodelle meist ad acta gelegt.“ Hinzu kommt, dass sich die meisten Anlagen erst zwischen zwölf und 18 Jahren rechnen. Das dauert dem durchschnittlichen Wohnungseigentümer im Alter zwischen 50 und 80 Jahren zu lange. „Die Motivation für die Investition in erneuerbare Energien findet sich eher bei jungen Eigentümern“, meint auch Hopf-Lonzen. „Diese wollen Innovation und sehen ihren Einsatz generationsgerecht als vorausschauenden Schritt auch für nachfolgende Eigentümer und Mieter.“
Energieberatung und weniger Bürokratie
Junge Eigentümer werden auch vermehrt diejenigen sein, die diesen Schritt hin zu erneuerbaren Energien gehen wollen. Das EEG erhielt aufgrund des Gesetzgebungsprozesses eine breite öffentliche Aufmerksamkeit. Fragen nach der Umsetzung und generell nach der Bedeutung für WEGs werden also immer öfter an den Verwalter herangetragen. „Wir raten daher unseren Mitgliedern, sich umfassend zu informieren. Mit der CO2-Bepreisung von Öl und Gas wird das Heizen damit um 50 bzw. um 30 Prozent teurer. Immobilienverwalter sollten ihren Wohnungseigentümergemeinschaften klar sagen können, welche Summe sie die Beibehaltung fossiler Brennstoffe kostet und wie hoch eine Investition in erneuerbare Energien zum Vergleich in etwa ausfällt. Wir empfehlen darum grundlegend eine Energieberatung“, so BVI-Präsident Meier. Aber: „Wenn Verwalter zu Ambassadeuren des Klimaschutzes werden sollen, muss die Bürokratie für die entsprechenden Maßnahmen von Seiten des Gesetzgebers deutlich vereinfacht werden.“