Der Anspruch des Mieters auf Errichtung von Ladestellen für elektrisch betriebene Fahrzeuge
Seit dem 1. Dezember 2020 gilt der neue § 554 BGB, nach dem der Mieter bauliche Veränderungen des Mietgegenstandes verlangen kann, die u. a. dem Laden elektrisch betriebener Fahrzeuge dienen. Der Anspruch entfällt nur, wenn die bauliche Veränderung unter Abwägung der beiderseitigen Interessen unzumutbar ist. Die Vorschrift gilt auch für Geschäftsraummietverhältnisse und kann nicht vertraglich abbedungen werden.
Die Vorschrift ist im gesamtpolitischen Zusammenhang zu sehen, nach dem der Klimaschutz eine immer größere Bedeutung gewinnt. Daher wollte der Gesetzgeber mit der Vorschrift den privaten Ausbau der Ladestationen für E-Mobilität fördern (Begründung zum Gesetzesantrag vom 21. Juni 2016, Bundesrat-Drucksache 340/16, S. 3). Aus diesem Grund wird der Anspruch des Mieters regelmäßig bestehen und eine Unzumutbarkeit beim Vermieter besondere Gründe erfordern.
Voraussetzungen
Im Ausgangspunkt ist es nur erforderlich, dass der Mieter einen Stellplatz gemietet hat (im Rahmen des Wohnraummietvertrages oder separat, vgl. Bundesrat-Drucksache 347/19, S. 11; dazu Scheidler, DAR 2019, 603/605) und er diesen mit einer Ladevorrichtung ausstatten möchte. Der Anspruch umfasst auch die Verbesserung eines vorhandenen Anschlusses, der z. B. eine kürzere Ladezeit ermöglicht. Eine (Rückbau-)Sicherheit des Mieters ist nicht geschuldet (kann aber in der Interessenabwägung Bedeutung erlangen).
Ausnahmsweise unzumutbar?
Bei der Interessenabwägung ist stets das Erhaltungsinteresse des Vermieters am baulich unveränderten Zustand des Gebäudes zu berücksichtigen. Auf Mieterseite ist das Veränderungsinteresse beachtenswert. Ein Großteil der Ladevorgänge von Elektrofahrzeugen findet an privaten Ladepunkten statt. Daher sind nach der Gesetzesbegründung beim Veränderungsinteresse auch die Belange des Klima- und des Umweltschutzes angemessen zu berücksichtigen.
In welchen Ausnahmefällen dem Vermieter der Einbau unzumutbar ist, wird die Rechtsprechung der kommenden Jahre zeigen müssen. Denkbar wären z. B. ganz erhebliche Eingriffe in die Gebäudesubstanz. Das Mieterinteresse könnte im Einzelfall unterliegen, wenn es andere geeignete und zumutbare Lademöglichkeiten in unmittelbarer Nähe gibt. Als drittes Beispiel sei genannt, dass der Mieter die Maßnahme nicht durch ein Fachunternehmen, sondern eine unqualifizierte Person durchführen lassen möchte.
Rechtsfolgen
Der Mieter hat gegebenenfalls Anspruch auf Erlaubnis; er darf nicht eigenmächtig bauen. Er muss Erlaubniserteilung verlangen, wie etwa bei der Untervermietung.
Der Mieter hat keinen Anspruch gegenüber dem Vermieter, dass dieser den Einbau durchführt. In aller Regel wird ein Mieter nicht in der Lage sein, solche Arbeiten fachgerecht selbst durchzuführen, sondern ein Elektro-Fachunterneh.men beauftragen müssen.
Grundsätzlich ist der Mieter bei Beendigung des Mietverhältnisses zum Rückbau verpflichtet. Aber: Ein solches Rückbauverlangen kann treuwidrig sein. Der Gesetzgeber bezieht sich als Beispiel insbesondere auf das Rückbauverlangen geschaffener Ladeinfrastruktur. Denn sie kann nach dem Auszug des Mieters noch verwendet werden (Bundestag-Drucksache 19/18791, S. 87, erster Absatz).
Vermieter kann dem Mieter zuvorkommen
Vielfach wird es sich aus Vermietersicht anbieten, einem Erlaubnisantrag des Mieters mit eigenen Baumaßnahmen zuvorzukommen oder zu entgegnen.
Wenn der Vermieter die Ausführung der vom Mieter begehrten baulichen Veränderung innerhalb einer zumutbaren Frist zusagt und keine berechtigten Zweifel an der Erfüllung dieser Zusage bestehen, wird das Veränderungsinteresse des Mieters regelmäßig gegenüber dem Erhaltungsinteresse des Vermieters unterliegen. So wird dem berechtigten Interesse des Vermieters Rechnung getragen, bauliche Veränderungen an der Mietsache selbst durchzuführen (Begründung des Regierungsentwurfs, Bundestag-Druck.sache 19/18791, S. 89).
Der Vermieter hat die Baumaßnahmen dann in der eigenen Hand. Ferner kann es sich um eine Modernisierungsmaßnahme handeln, deren Kosten (im Rahmen eines Wohnraummietvertrages) teilweise gesetzlich umlegbar wären. Wird ein vermieteter Stellplatz erstmals um eine Lademöglichkeit erweitert, so erhöht dies die Gebrauchstauglichkeit des Mietgegenstandes.
Checkliste praktischer Maßnahmen
- Anzeige des Vorhabens beim zuständigen Energieversorger/Netzbetreiber und Erkundigung zu
- den einzuhaltenden technischen Voraussetzungen und etwaigen Genehmigungsvoraussetzungen
- Beschaffung von Angeboten durch Fachunternehmen
- Ermittlung und Beantragung von Fördermöglichkeiten
- Erkundigung beim Gebäudeversicherer zu Informationspflichten und Prämienerhöhungen
- Gegebenenfalls Ankündigung der Baumaßnahme als Modernisierungsmaßnahme oder Abschluss einer Modernisierungsvereinbarung
- Beachtung/Übertragung der Verkehrssicherungspflicht im Gebäude während und nach den Arbeiten
- Sicherstellung funktionierender Verbrauchserfassungsgeräte
- Wenn der Mieter ausführt: Anforderung aller erforderlichen Dokumente, Nachweis Fachunternehmen/Versicherungsschutz