Elektromobilität in Wohnungseigentümergemeinschaften
Interview mit Stefanie Manteuffel, City-Immobilien GmbH & Co. KG, Wuppertal.
BVI-Magazin: Am 1. Dezember 2020 ist das Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz in Kraft getreten. Danach kann jeder Wohnungseigentümer verlangen, dass eine bauliche Veränderung für das Laden elektrischer Fahrzeuge gestattet wird. Hat seitdem Ihre Hausverwaltung eine verstärkte Nachfrage nach der Errichtung solcher Ladestationen erlebt?
Stefanie Manteuffel: Ja, aus fast allen Liegenschaften mit Tiefgaragen oder Außenstellplätzen erhielten wir schon kurz nach Inkrafttreten des Gesetzes Anfragen von Eigentümern. Weil wir genau das vermutet hatten, sind wir das Thema proaktiv angegangen und haben schon im Dezember 2020 in einem Webinar unsere Eigentümer umfangreich über technische, juristische und versicherungsrechtliche Aspekte informiert. Das ist sehr gut angenommen worden. Wir haben den Eigentümern geraten, ihre Anträge möglichst früh zu stellen, weil bauliche Veränderungen für das Laden elektrischer Fahrzeuge genügend Vorlauf brauchen. Steht das neue Auto erstmal vor der Tür, erhöht sich der Handlungsdruck für alle Beteiligten. In den größeren Liegenschaften haben wir gezielte Bedarfsabfragen gemacht, um den zukünftigen Arbeitsaufwand abschätzen zu können und belastbarere Zahlen zu bekommen.
BVI-Magazin: Die baulichen Veränderungen bedürfen eines Beschlusses der Wohnungseigentümergemeinschaft. Dabei gibt es zwei Möglichkeiten: Jeder Eigentümer darf nach Beschlussfassung selbst bauen oder die Gemeinschaft baut gemeinsam, was mit Blick auf die baulichen und technischen Herausforderungen weniger kompliziert ist. Worauf sollten in diesem Zusammenhang Verwalter bei der Beschlussfassung der WEG achten?
Stefanie Manteuffel: Es gibt sogar noch mehr Beschlussmöglichkeiten. Die Gemeinschaft hat bei der Art und Weise der Durchführung einen großen Ermessensspielraum. Eine 08/15-Lösung für jede WEG gibt es nicht. Die Kunst des Verwalters ist es, eine technisch durchführbare, wirtschaftlich gerechte, juristisch korrekte und vor allem für den Verwalter zukünftig handhabbare Lösung beschließen zu lassen. Dazu bedarf es mehrerer Zwischenschritte und in der Regel auch mehr als einer Versammlung, die bei den Beschlüssen aufeinander aufbauen. Nimmt man die Rolle als professioneller Verwalter an, ist man gut beraten, sich vorher mit dem Thema intensiv zu beschäftigen und es nicht zu unterschätzen – sowohl inhaltlich als auch vom Arbeitsaufwand. Die Vereinbarung von Vergütungsregelungen für den Verwalter sollte daher obligatorisch sein.
BVI-Magazin: Bei der Errichtung der E-Ladestationen, sogenannter Wallboxen, ist vor allem das Zusammenspiel mit dem Energieversorger und dem Netzbetreiber eine Herausforderung. Sind aus Ihrer Erfahrung überhaupt zufriedenstellende Lösungen möglich, sodass jeder Wallboxbesitzer sein Fahrzeug ohne Komplikationen aufladen kann?
Stefanie Manteuffel: Bisher habe ich keine Beschwerden über Ladeprobleme erhalten. Allerdings sind die geplanten Kapazitätsgrenzen noch nicht erreicht. Für die Maximalauslastung habe ich dementsprechend noch keine Erfahrungswerte – es wird in Zukunft also im wahrsten Sinne des Wortes spannend.
BVI-Magazin: Dem reibungslosen Aufladen zuträglich sind Wallboxen nur eines Herstellers oder herstellerunabhängige Systeme. Wie lässt sich aus Sicht der Verwalter vermeiden, dass jeder Wallboxbesitzer auf seinem eigenen System besteht und eine Einzelinstallation anstrebt, die technische Schwierigkeiten verursacht – Stichwort Lastmanagement?
Stefanie Manteuffel: Einzellösungen werden sich nicht vermeiden lassen und sind in kleinen Gemeinschaften durchaus praktikabel. Je größer die WEG ist, desto zielgerichteter sollten die Eigentümer vorher informiert werden, um Insellösungen entgegenzuwirken. Wenn Eigentümer erst einmal selbst erkennen, wie verzwickt die Sache teilweise ist, sind sie eher bereit, Fachplaner einzusetzen, und das Interesse an einer gemeinsamen Lösung steigt.
BVI-Magazin: Welches Modell zur Finanzierung der Kosten hat sich aus Ihrer Sicht in der Praxis am meisten bewährt: eine Kauflösung mit einmaligen Installationskosten, Contracting mit monatlichen Kosten oder eine Kombination aus Einmalkosten und monatlichen Kosten?
Stefanie Manteuffel: Auch hier fehlt mir tatsächlich die Praxiserfahrung, um das abschließend beantworten zu können. Was sich aber sagen lässt: Die Installation von Wallboxen ist immer mit Folgekosten verbunden, zum Beispiel für Wartung oder Softwaresupport. Mit einmaligen Installationskosten ist es also nicht getan. Die meisten Eigentümer, für die wir als Verwalter tätig sind, haben sich entschieden, die Ertüchtigung der Infrastruktur finanziell gemeinsam zu bestreiten und den Kauf der vorher festgelegten Wallbox finanziell jedem Nutzer zu überlassen. Erfahrungen gibt es auch mit einem Komplettpaket eines Versorgers vor Ort für eine freistehende Tiefgarage. Contractinglösungen haben durchaus Charme.
Der ADAC hat im Februar dieses Jahres zwölf verschiedene Wallboxen auf ihre Praxistauglichkeit getestet. Zehn erhielten die Gesamtnote gut, zwei fielen durch. Die vollständigen Ergebnisse des Tests können Sie nachlesen unter adac.de/wallboxen-test.
Über Stefanie Manteuffel:
Stefanie Manteuffel ist Geschäftsführerin der City-Immobilien GmbH & Co. KG in Wuppertal und stellvertretende Vorsitzende des BVI-Landesverbandes West.
*Stefanie Manteuffel *
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