Brandschutz
Flucht- und Rettungswege in Wohngebäuden und Arbeitsstätten
Bei einem Brand zu wissen, wo sich ein Ausweg befindet, kann Leben retten. Daher sehen die Bauvorschriften und Brandschutzverordnungen und -richtlinien für Wohnhäuser (zum Beispiel Mehrfamilienhäuser) und Arbeitsstätten vor, dass ein Fluchtweg vorhanden und als solcher bekannt sein muss.
Fluchtwege sind im Brandschutz ein wichtiger Bestandteil zur Rettung von Personen aus dem Gefahrenbereich. Sie dienen dazu, schnell einen Ausweg aus einer gefährlichen Situation zu ermöglichen. Dabei kann ein Fluchtweg durch den Treppenraum, durch ein Fenster, durch Türen über Dach sowie durch die Tiefgarage führen. Über einen solchen Weg oder Ausgang muss es also möglich sein, eine bauliche Anlage, zum Beispiel ein Wohnhaus oder Bürogebäude, sicher zu verlassen.
Gibt es gesetzliche Vorgaben für Flucht- und Rettungswege?
Im Brandschutz müssen Fluchtwege bestimmte Anforderungen erfüllen. Diese sind durch europaweit einheitliche DIN-Normen und durch Verordnungen wie die Musterbauordnung (MBO) oder auch in den Bauordnungen (LBO) der Bundesländer festgelegt. Des Weiteren sind für Arbeits-stätten die Vorschriften in den Technischen Regeln für Arbeitsstätten (ASR A2.3) ebenfalls zu beachten, wenn es darum geht, eine Definition für den „Fluchtweg“ zu konkretisieren. Aufgrund der gesetzlichen Vorgaben und der einschlägigen Normen sind Bauherren, Eigentümer, Vermieter und Verwalter von Immobilien verpflichtet, Fluchtwege zur Verfügung zu stellen und diese (zum Beispiel in Arbeitsstätten) ausreichend zu kennzeichnen.
Fluchtweg oder Rettungsweg: Was ist der Unterschied?
Fluchtwege sind Verkehrswege, an die besondere Anforderungen zu stellen sind und die der selbstständigen Flucht aus einem möglichen Gefahrenbereich sowie der Feuerwehr zugleich zur Rettung von Personen und als Angriffsweg dienen.
Vor diesem Hintergrund werden Fluchtwege und Rettungswege sowie Angriffswege der Feuerwehr im Weiteren kurz als Rettungswege bezeichnet. Sie dienen bei einem Brand der Rettung von Menschen und Tieren und ermöglichen wirksame Löscharbeiten. Die jeweiligen Anforderungen an Rettungswege sind teilweise eng an verschiedene Begriffe gekoppelt oder ergeben sich aus deren Interpretation.
Die Anforderungen an Rettungswege sind abhängig von der Nutzung, den jeweiligen Nutzungseinheiten – NE –, zum Beispiel Wohnung, Arztpraxis, und den darin enthaltenen Aufenthaltsräumen. An die Rettungswege (Fluchtwege) werden gemäß den Landesbauordnungen, ihren ergänzenden Vorschriften und Richtlinien (zum Beispiel ASR A2.3 Punkt 3.1) besondere Anforderungen gestellt.
In Nutzungseinheiten ohne Aufenthaltsräume genügt ein Rettungsweg, der zugleich auch als Fluchtweg dient.
In Nutzungseinheiten mit mindestens einem Aufenthaltsraum sind in jedem Geschoss mit mindestens einem Aufenthaltsraum grundsätzlich zwei voneinander unabhängige Rettungswege erforderlich (ausgenommen NE mit Sicherheitstreppenraum). Die Unabhängigkeit bezieht sich dabei in der Regel auf die vertikalen Rettungswege, also notwendige Treppen.
- Der erste Rettungsweg = Fluchtweg muss immer baulich sein, das heißt eine ständig vorhandene feste bauliche Einrichtung, und ohne fremde Hilfe jederzeit begangen werden können. Er kann sich aus dem horizontalen Rettungsweg (notwendiger Flur), dem vertikalen Rettungsweg (notwendige Treppe) sowie ihren Ein- und Ausgängen zusammensetzen und muss in der Regel auf eine öffentliche Verkehrsfläche führen.
- Der zweite Rettungsweg kann entweder baulich sein = Fluchtweg, das heißt eine weitere ständig vorhandene feste bauliche Einrichtung, und muss dann ohne fremde Hilfe jederzeit begangen werden können, oder er wird im Gefahrenfall durch Rettungsgeräte der Feuerwehr hergestellt = Rettungsweg. Falls der zweite Rettungsweg erst über Rettungsgeräte der Feuerwehr hergestellt wird, muss die Feuerwehr über die erforderlichen Rettungsgeräte verfügen und diese auch einsetzen können (Flächen für die Feuerwehr). Hier ist eine frühzeitige Abstimmung mit der den Brandschutz prüfenden/genehmigenden Stelle erforderlich.
Welche grundsätzlichen Regelungen sollten immer beachtet werden?
- In Mehrfamilienhäusern empfiehlt es sich, im Mietvertrag und/oder durch einen Aushang an allgemein zugänglicher Stelle (Treppenraum) auf wichtige Hinweise zum Verhalten bei einem Brand hinzuweisen.Derartige Hinweise sind in Arbeitsstätten durch die verpflichtende Erstellung einer Brandschutzordnung nach DIN 14096 vorgegeben. Die Brandschutzordnung ist eine zusammenfassende Regelung für das Verhalten von Personen in einem Gebäude oder einem Betrieb. Sie enthält Regeln zur Brandverhütung und zum Verhalten im Brandfall und berücksichtigt brandschutztechnische Auflagen der Baugenehmigung.
- Rettungswege (Fluchtwege) dürfen keinesfalls zugestellt, sondern müssen stets freigehalten werden. Befinden sich Gegenstände oder andere Hindernisse im Rettungsweg (Fluchtweg), können diese bei einem Brand die Flucht erschweren oder gar unmöglich machen.
Peter Hilgers
Oberbrandrat a. D. Peter Hilgers ist staatlich geprüfter und zertifizierter Brandschutzsachverständiger/-gutachter, Geschäftsführer von Brandschutz Hilgers UG und Vizepräsident des Deutschen Instituts für vorbeugenden Brandschutz e. V. divb.org
Brandschutz Hilgers UG / Vizepräsident des Deutschen Institus für vorbeugenden Brandschutz e.v.