Praktische Lösungen für wiederkehrende Rechtsprobleme
Die vermietete Eigentumswohnung
Die Rechtsprobleme um vermietetes gemeinschaftliches Eigentum (GE) basieren quasi auf den Nachteilen des bloßen GE (gegenüber echtem Alleineigentum) und zum Teil den Nachteilen des sozialen Mietrechts (gegenüber zum Beispiel dem Recht der Gewerbemiete). Die meisten auch moderneren Gesetze enthalten keine eigenständigen Regelungen für Gemeinschaften von Wohnungseigentümern (Ausnahme: § 71n GEG für Gasetagenheizungen im Sondereigentum). Der Gesetzgeber hat partiell eine Angleichung von Mietrecht und WEG angestrebt (§ 554 BGB und § 20 Abs. 2 WEG für die sogenannten privilegierten baulichen Veränderungen).
1. Neubegründung eines Mietverhältnisses
Die Berechtigung, Mietverträge über das gemeinschaftliche Eigentum abzuschließen, kann entweder aus dem Gesetz (§ 27 Abs. 1 WEG) oder aus einem die Rechte des Verwalters erweiternden Beschluss nach § 27 Abs. 2 WEG erfolgen. Aber: Über Maßnahmen, die nicht nach § 27 Abs. 1 oder 2 WEG dem Verwalter zugewiesen sind, entscheiden grundsätzlich die Wohnungseigentümer durch Beschlüsse.
Elzer vertritt zur Vermietung von Gemeinschaftsflächen die Auffassung, dass der Verwalter grundsätzlich berechtigt sei, für gemeinschaftliches Eigentum wie einen Stellplatz, eine Außenfläche, die Fassade, einen Raum oder sogar eine im gemeinschaftlichen Eigentum stehende Wohnung einen Mietvertrag mit Wohnungseigentümern oder Dritten abzuschließen und auf diesen Vertrag einzuwirken (Elzer in: Hogenschurz, WEG, § 27 Rn. 36, 3. Aufl.).
Eine Handlungspflicht des Verwalters nach § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG wird man nur bei einer Ermessensreduzierung auf null bejahen können. Dies wäre denkbar, wenn zum Beispiel bei einem im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Stellplatz, der dauerhaft vermietet war, der Vertrag endet, kein neuer Nachmieter gefunden werden konnte und in letzter Minute ein solventer Mietinteressent auftaucht. § 27 Abs. 1 Nr. 2 WEG ermächtigt hier – auch im Innenverhältnis – den Verwalter, ohne Beschluss einen Mietvertrag zu den bisherigen oder besseren Konditionen für die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE) abzuschließen, weil dadurch der Nachteil in Form eines Mietausfallschadens für die GdWE abgewendet wird (vgl. auch T. Martini, AnwZert MietR 1/2024 Anm. 3 unter III.2.b).
2. Das Mietverhältnis bestand bereits vor Aufteilung des Gebäudes nach § 8 WEG
Der Mieter will eine Kündigung der nunmehr (großteils) im Sondereigentum stehenden „Eigentumswohnung inkl. Balkon und Stellplatz“ erklären, wobei der Stellplatz entweder nur im Sondernutzungsrecht oder gar im Sondereigentum eines weiteren Teileigentümers steht. Was gilt es hier zu beachten? Wem gegenüber muss die Kündigung erklärt werden?
In den sogenannten Umwandlungsfällen (§ 8 WEG), das heißt, wenn ein Mietshaus in Wohnungs- und gegebenenfalls auch Teileigentum umgewandelt und das Sondereigentum dann an Dritte veräußert wird, ergeben sich erhebliche Rechtsprobleme für Vermieter und Mieter, da wegen des Grundsatzes der Einheitlichkeit des Mietverhältnisses eine Vermieterkündigung von sämtlichen Vermietern auszusprechen ist und eine Mieterkündigung gegenüber sämtlichen Vermietern erklärt werden muss.
Vorsicht, Falle: Bei der Kündigung ist neben dem Ausspruch durch die richtigen Vermieter auch zu beachten, dass sich wegen der Einheitlichkeit des Mietverhältnisses die Erklärung der Vermieter nicht nur auf ihren jeweiligen Leistungsteil beziehen darf, sondern sich die Erklärung jeden Vermieters auf das gesamte Mietverhältnis beziehen muss. Anderenfalls lägen lediglich zwei oder mehrere unzulässige Teilkündigungen vor (vgl. LG Hamburg WuM 1997, 47).
Lösung: Soweit aufgrund der Inkongruenz von Teilungserklärung nach § 8 WEG und Mietvertrag alle Sondereigentümer die Kündigung miterklären müssen, genügt ein zustimmender Beschluss der Wohnungseigentümer oder die Ausstellung entsprechender Vollmachten (LG Hamburg WuM 1997, 47; OLG Hamburg WuM 1996, 637).
Allein Häublein (MünchKomm 9. Aufl. 2023, § 566 BGB Rn. 34 ff. vgl. bei Fn. 139 zum aktuellen Streitstand) behandelt die nachträgliche Umwandlung des Mietobjekts in Sondereigentum nach dem WEG wie folgt: Trotz der Erleichterung der Rechtsverfolgung auch durch den Mieter (vgl. §§ 9a Abs. 2, 9b WEG) sei nicht nach Fallgruppen zu differenzieren, sondern er sieht „unpraktikable und lebensfremde Konsequenzen“, wenn alle Sondereigentümer in einigen Fallgruppen zu Mitvermietern würden (MünchKomm § 566 Rn. 35 aE).
3. Was ist bei Gestattung baulicher Veränderungen gegenüber dem Mieter eines Wohnungseigentümers zu beachten?
Wird einem Mieter eine bauliche Veränderung gestattet, müssen bei der Beschlussfassung über den Mietvertrag stets auch die Voraussetzungen der §§ 20, 21 WEG beachtet werden (Bärmann/Dötsch, WEG, 15. Aufl., § 20 Rn. 93). Geht es um eine rückbaupflichtige Maßnahme, bewegt man sich aber im Bereich des § 95 BGB – Mietereinbauten sind geradezu klassische Scheinbestandteile – und dann hätte man doch auch die Gestattung der Maßnahme nur befristet und mit dem Mietvertrag „gekoppelt“ aussprechen müssen – weil sonst der Eigentümer nach Mietende durch den vertraglich der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zugesagten Rückbau zugleich eine nicht mehr genehmigte bauliche Veränderung am beschlossenen Sollzustand durch den Rückbau vornähme!
Lösung: Auflösende (!) Bedingung im Gestattungsbeschluss!
§ 554 BGB ist § 20 Abs. 2 WEG nachgebildet; er transponiert nur die ersten drei (!) privilegierten („angemessenen“) baulichen Veränderungen in das Mietrecht. Trotzdem findet sich in § 554 BGB keine Sonderregelung zu vermietetem Teil- oder Wohnungseigentum, etwa zum Rückbauverlangen, zur Tragung der Verwaltungs-, Erhaltungs- und Betriebskosten sowie dem sachenrechtlichen Eigentum an der „Mietermodernisierung“ zum Beispiel rund um die sogenannte Wallbox.
Vorsicht, Falle: Bei vermietetem Wohnungs- oder Teileigentum darf der Mieter auch eine ihm vom Vermieter erlaubte privilegierte bauliche Veränderung erst vornehmen, nachdem die Wohnungseigentümer nach § 20 Abs. 2 S. 2 WEG positiv dazu Beschluss gefasst haben (zum Beschlusszwang vgl. BGH, 17. März 2023, V ZR 140/22, ZMR 2023, 556). Lösungsvorschlag: Der Vermieter sollte die Erlaubnis nicht unter Verweis auf diese WEG-Problematik zurückhalten, sondern „vorbehaltlich eines positiven Eigentümerbeschlusses“ erteilen.