Reform der Ausbildung der Immobilienkaufleute jetzt!
Jede Branche und viele Unternehmen klagen über Personalengpässe bis hin zum Fachkräftemangel. Auch bleiben häufig viele Ausbildungsplätze unbesetzt, weil Abiturienten häufig lieber studieren als eine Ausbildung zu absolvieren.
Neben einer leistungsgerechten Bezahlung, attraktiven Arbeitsplätzen und Arbeitsbedingungen gehört auch ein zeitgemäßes Berufsbild dazu. Und dies ist leider in unserer Branche – der Wohnungswirtschaft – nicht immer gegeben. Die „Verordnung über die Berufsausbildung zum Immobilienkaufmann/zur Immobilienkauffrau“ stammt aus dem Jahr 2006. Wenn man die Vorlaufzeiten für das Erarbeiten einer solchen Verordnung bedenkt, sind die definierten Inhalte mehr als 20 Jahre alt. Und in dieser Zeit hat sich viel verändert.
Inzwischen gibt es rund zehn Millionen Eigentumswohnungen in Deutschland. Dennoch werden die Grundlagen der WEG-Verwaltung erst im zweiten Ausbildungsjahr behandelt; die Vertiefung erfolgt erst im dritten Ausbildungsjahr, und das auch nur im Rahmen der gewählten Wahlqualifikation „Wohnungseigentumsverwaltung“.
Fehlende Inhalte
Heute beherrschende Themen wie die energetische Sanierung und der Klimaschutz kommen in der Ausbildung gar nicht vor. Lediglich das Thema Umweltschutz wird im ersten Ausbildungsjahr gestreift. Auch viele andere technische Themen wie Betriebssicherheitsverordnung, Trinkwasserverordnung, Gebäudeenergiegesetz oder die Digitalisierung werden nicht oder kaum behandelt.
Wer mit solchen veralteten Inhalten um Auszubildende im Wettbewerb mit anderen Branchen steht, braucht sich nicht zu wundern, dass die Immobilienwirtschaft und hier insbesondere wohnungswirtschaftliche Themen als wenig spannend empfunden werden und wir als Branche schnell ins Hintertreffen kommen.
Als Ausbildungsbetrieb kann man da natürlich etwas gegensteuern und seine eigenen Tätigkeitsschwerpunkte von vornherein in den Mittelpunkt der betrieblichen Ausbildung stellen. Gegebenenfalls muss man durch innerbetrieblichen Unterricht oder externe Seminare die Inhalte schulen, die heute notwendig, aber nicht in der Ausbildungsverordnung vorgesehen sind. In den Berufsschulen werden in der Regel „nur“ die Inhalte der Verordnung unterrichtet.
Das Berufsbild Immobilienkaufmann/Immobilienkauffrau ist sehr weit gefasst. Es sollen Miet- und WEG-Verwalter ausgebildet werden, aber auch Makler und Mitarbeiter von Bauträgern und Projektentwicklern. Zudem arbeiten Immobilienkaufleute auch als Buchhalter.
Zeit für eine Modernisierung
Auch die Ausbildungsunternehmen sind sehr vielfältig – Immobilienverwaltungen, die als Dienstleister insbesondere für Privatkunden tätig sind, bis hin zu großen kommunalen oder börsennotierten Unternehmen. Dementsprechend unterschiedlich sind die Anforderungen an die zukünftigen Immobilienkaufleute.
Daher wird es Zeit, dass die Ausbildung in unserer Branche modernisiert wird. Da die Immobilienwirtschaft in Politik und Verwaltung keine so große Rolle spielt, muss der Anstoß für eine Reform der Ausbildung von den Unternehmen und Verbänden ausgehen. Dazu ist natürlich auch eine interne Diskussion erforderlich, um zu klären, welche Themen wir als notwendig ansehen und ob die Strukturen der Ausbildung und des Berufsbildes geändert werden müssen. Sollte zum Beispiel die Spezialisierung intensiver und früher erfolgen? Im ersten Jahr allgemeine Grundlagen der Immobilienwirtschaft vermitteln und dann die Spezialisierung in Verwaltung einerseits und Makler und Bauträger andererseits? Es gibt also viel zu reden und zu denken. Wer Anregungen hat, kann sich gerne bei mir melden.
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Ausbildungsinhalte nach der Ausbildungsordnung von 2006
Wahlqualifikationen
1. Steuerung und Kontrolle im Unternehmen
2. Gebäudemanagement
3. Maklergeschäfte
4. Bauprojektmanagement
5. Wohnungseigentumsverwaltung
1. Wesentliche Ausbildungsinhalte
1. Der Ausbildungsbetrieb
1.1 Stellung, Rechtsform und Struktur
1.2 Berufsbildung, arbeits-, sozial- und tarifrechtliche Vorschriften
1.3 Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit
1.4 Umweltschutz
1.5 Personalwirtschaft
2. Organisation, Information und Kommunikation
2.1 Arbeitsorganisation
2.2 Informations- und Kommunikationssysteme
2.3 Teamarbeit und Kooperation
2.4 Anwenden einer Fremdsprache bei Fachaufgaben
3. Kaufmännische Steuerung und Kontrolle
3.1 Betriebliches Rechnungswesen
3.2 Controlling
3.3 Steuern und Versicherungen
4. Marktorientierung
4.1 Kundenorientierte Kommunikation
4.2 Entwicklungsstrategien, Marketing
5. Immobilienbewirtschaftung
5.1 Vermietung
5.2 Pflege des Immobilienbestandes
5.3 Grundlagen des Wohnungseigentums
5.4 Verwaltung gewerblicher Objekte
6. Erwerb, Veräußerung und Vermittlung von Immobilien
7. Begleitung von Bauvorhaben
7.1 Baumaßnahmen
7.2 Finanzierung