
Brandschutz in Tiefgaragen: Ein Leitfaden für Immobilienverwalter
Brandschutz ist ein zentrales Thema in der Immobilienverwaltung. Besonders Tiefgaragen stellen aufgrund ihrer Bauweise und Nutzung spezielle Herausforderungen an den Brandschutz. Dieser Artikel gibt einen ersten Überblick über die wesentlichen Anforderungen und Maßnahmen, die gemäß der Musterbauordnung in Deutschland zu beachten sind, und beleuchtet zusätzlich die besonderen Risiken im Zusammenhang mit Elektrofahrzeugen. Für eine detaillierte Betrachtung sprechen Sie bitte mit Ihrem Brandschutzexperten.
Die Musterbauordnung (MBO) ist lediglich eine Empfehlung der Bauministerkonferenz und kein Baurecht, denn Baurecht ist Länderrecht. Aus diesem Grund gibt es 16 verschiedene Landesbauordnungen. Viele der Landesbauordnungen basieren jedoch im Wesentlichen auf der Musterbauordnung. Ähnliches gilt für die jeweiligen Sonderbauvorschriften: Auch diese werden als Muster empfohlen und die Bundesländer können ihm folgen.
Da aus Platzgründen nicht auf die Bauvorschriften aller Bundesländer eingegangen werden kann, bezieht sich dieser Artikel auf die Muster-Garagenverordnung als für Tiefgaragen relevante Sonderbauvorschrift. Sollten sich Detailfragen ergeben, ist die jeweilige Garagenverordnung des Bundeslandes zu berücksichtigen.
Gesetzliche Grundlagen
Für Tiefgaragen sind insbesondere die Anforderungen an den Brandschutz von Bedeutung, die in der Muster-Garagenverordnung beschrieben sind. Diese zielen darauf ab, die Entstehung und die Ausbreitung von Bränden zu verhindern, wirksame Löscharbeiten zu ermöglichen sowie Mensch und Tier zu retten. Die Garagenverordnung unterscheidet grundsätzlich drei Garagentypen, die sich durch die Nutzfläche definieren:
- Bis 100 m² Kleingaragen
- Über 100 m² bis 1.000 m² Mittelgaragen
- Über 1.000 m² Großgaragen
Brandrisiken in Tiefgaragen
Tiefgaragen sind aus vielerlei Gründen brandgefährdet:
- Fahrzeuge: Sie enthalten brennbare Materialien und Kraftstoffe.
- Elektrische Anlagen: Ladeeinrichtungen für Elektrofahrzeuge, Beleuchtung und andere elektrische Installationen können Brände verursachen.
- Bauliche Besonderheiten: Enge Zufahrten und begrenzte Fluchtwege erschweren bei einem Brand die Rettung und Brandbekämpfung.
Aus diesen Brandrisiken ergeben sich die Anforderungen an den Brandschutz.
Bauliche Anforderungen
Die MBO legt fest, dass Tiefgaragen so zu gestalten sind, dass der Ausbreitung von Feuer und Rauch wirksam entgegengewirkt wird. Wichtige bauliche Maßnahmen umfassen unter anderem:
- Wände, Pfeiler und Decken: Sie müssen feuerbeständig sein; das heißt, sie müssen einem Feuer mindestens 90 Minuten standhalten können.
- Bekleidungen und Dämmschichten an Wänden, Pfeilern sowie unter Decken und Dächern müssen bei Großgaragen aus nichtbrennbaren und bei Mittelgaragen aus mindestens schwerentflammbaren Baustoffen bestehen.
- Trennwände zu anderen Räumen müssen in unterirdischen Garagen feuerbeständig sein und aus nichtbrennbaren Baustoffen bestehen.
- Rauchabzugsanlagen: Sie sollen bei geschlossenen Großgaragen bei einem Brand eine effektive Rauchabführung sicherstellen, um Sicht und Atmungsbedingungen für die Rettungskräfte zu verbessern.
Türen und Tore, die als Feuerschutzabschlüsse dienen, müssen selbstschließend und in der Regel feuerhemmend (T30) sein. Türen zu Schleusen müssen dichtschließend sein. Die Schleusentüren zum Treppenraum müssen rauchdicht und selbstschließend sein. Die Schleuse muss mindestens drei Meter lang sein. Türen zu anderen Räumen, zum Beispiel Lagerräumen, müssen mindestens feuerhemmend, rauchdicht und selbstschließend sein. Die Länge der Rettungswege bei unterirdischen Garagen darf maximal 35 Meter betragen, wobei die Lauflinie, jedoch nicht über Einstellplätze, gemessen wird.
Technische Maßnahmen
Neben den baulichen Anforderungen sind auch technische Maßnahmen gemäß MBO umzusetzen:
- Trockene Löscheinrichtungen können im Einvernehmen mit der Brandschutzdienststelle bei Tiefgaragen erforderlich werden, die vier Meter unter Geländeoberfläche liegen.
- Brandmeldeanlagen: Sie sollen Brände früh erkennen und Alarm auslösen. In größeren Tiefgaragen kann der Einbau einer automatischen Brandmeldeanlage vorgeschrieben sein, wenn das restliche Gebäude ebenfalls eine Brandmeldeanlage hat oder es sich um eine Großgarage mit mehr als 2.500 m² Nutzfläche handelt.
- Löschanlagen: Ab einer bestimmten Größe der Tiefgarage, bei automatischen Parkgaragen oder bei erhöhter Brandgefahr sind automatische Löschanlagen vorgeschrieben, zum Beispiel Sprinkleranlagen. Das ist der Fall, wenn Großgaragen mehr als vier Meter unter der Geländeoberfläche liegen und das Gebäude nicht nur als Garage genutzt wird.
- Notbeleuchtung und Fluchtwegkennzeichnung: Sie sorgen dafür, dass bei einem Brand die Orientierung und die Flucht aus der Tiefgarage gewährleistet sind. Bei geschlossenen Mittelgaragen müssen die Sicherheitskennzeichen auch bei Stromausfall 30 Minuten lang beleuchtet sein (Sicherheitsstromversorgung).
Organisatorische Maßnahmen
Zur Ergänzung der baulichen und technischen Maßnahmen sind organisatorische Maßnahmen notwendig:
- In Mittel- und Großgaragen dürfen brennbare Stoffe außerhalb von Kraftfahrzeugen nicht aufbewahrt werden. Das gilt nicht für einen zusätzlichen Satz Reifen und für Zubehör für ein Kraftfahrzeug je Einstellplatz wie beispielsweise Dachbox, Fahrradträger oder Kindersitz, sofern die Nutzbarkeit des Einstellplatzes nicht beeinträchtigt wird. In Kleingaragen dürfen zusätzlich bis zu 200 Liter Dieselkraftstoff und bis zu 20 Liter Benzin in dicht verschlossenen, bruchsicheren Behältern aufbewahrt werden.
- Fahrräder, Fahrradanhänger und elektrisch betriebene Fahrzeuge, die keine Kraftfahrzeuge sind, dürfen nur außerhalb der Verkehrsflächen und Rettungswege abgestellt werden, sofern Vorrichtungen ein verkehrssicheres Abstellen gewährleisten.
- Wartung und Prüfung: Alle brandschutztechnischen Einrichtungen müssen regelmäßig gewartet und auf ihre Funktionsfähigkeit geprüft werden.
Besonderheiten bei der Elektromobilität
Mit der zunehmenden Verbreitung von Elektrofahrzeugen steigen die Anforderungen an den Brandschutz in Tiefgaragen. Elektrofahrzeuge bringen spezifische Risiken mit sich, die bei der Planung und dem Betrieb von Tiefgaragen berücksichtigt werden müssen.
Bei Elektrofahrzeugen handelt es sich grundsätzlich um zugelassene Kraftfahrzeuge. Aus baurechtlichen Gesichtspunkten gibt es keine Veranlassung, das Einfahren und das Abstellen in baurechtlich genehmigten Garagen zu verbieten oder einzuschränken.
Die in Elektrofahrzeugen verwendeten Lithium-Ionen-Batterien bergen ein besonderes Brandrisiko, wenn sie beschädigt sind oder es Fehler in der Elektronik oder Software gibt. Bei Beschädigung oder thermischer Überlastung kann es zu einem sogenannten „Thermal Runaway“ kommen, einem unkontrollierten Temperaturanstieg, der zu Bränden oder Explosionen führen kann.
Die Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge muss sorgfältig geplant und gewartet werden, um Kurzschlüsse und Überhitzung zu vermeiden. Ladegeräte sollten den aktuellen Sicherheitsstandards entsprechen und regelmäßig geprüft werden.
Brände von Lithium-Ionen-Batterien sind schwer zu löschen und erfordern spezielle Löschmittel und -techniken; herkömmliche Löschmethoden sind oft nicht ausreichend. Die Feuerwehr kann aber mit dem Brand von Elektrofahrzeugen umgehen und hat auch ihre Löschangriffstaktik entsprechend angepasst.
Praktische Tipps für Immobilienverwalter
- Regelmäßige Begehungen: Führen Sie regelmäßige Begehungen der Tiefgarage durch, um Mängel rechtzeitig zu erkennen und zu beheben.
- Dokumentation: Halten Sie alle Prüfungen, Wartungen und Schulungen schriftlich fest, um im Ernstfall einen lückenlosen Nachweis führen zu können.
- Zusammenarbeit mit Brandschutzexperten: Ziehen Sie bei komplexen Fragen oder Unsicherheiten immer einen Brandschutzsachverständigen hinzu.
- Sicherheitskonzepte für Ladeinfrastruktur: Stellen Sie sicher, dass die Ladeeinrichtungen für Elektrofahrzeuge fachgerecht installiert und gewartet werden. Entwickeln Sie Notfallpläne für einen Batteriebrand.
- Sichten Sie alle Genehmigungsunterlagen: Es gilt immer die aktuelle Baugenehmigung gegebenenfalls in Verbindung mit einem Brandschutzkonzept.
Fazit
Der Brandschutz in Tiefgaragen ist eine komplexe und vielschichtige Aufgabe, die bauliche, technische und organisatorische Maßnahmen erfordert. Die Musterbauordnung bietet dafür eine solide Grundlage. Mit ihr lassen sich Brandschutzkonzepte entwickeln und umsetzen. Dabei bringt die Integration von Elektrofahrzeugen und deren Ladeinfrastruktur zusätzliche Herausforderungen. Hier gilt es, sorgfältig zu planen.
Brandschutz ist keine einmalige Aufgabe, sondern ein Prozess, der Aufmerksamkeit und Sorgfalt erfordert. Regelmäßige Wartung, Schulung und Überprüfung gewährleisten ein hohes Maß an Sicherheit. Immobilienverwalter tragen dabei eine große Verantwortung, da sie für die Sicherheit der Nutzer und den Schutz der Immobilie zuständig sind. Indem Sie die in diesem Artikel beschriebenen Maßnahmen umsetzen, tragen Sie maßgeblich zur Sicherheit und zum Werterhalt der Ihnen anvertrauten Immobilie bei.
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CARSTEN WILLMANN
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